20190928 141008000 iOSNichts für schwache Nerven - „Frisch Auf“ geht in Coswig als Sieger vom Parkett (29:30)
(Text: Florian Werner)

Bereits im Vorfeld der Partie, am vergangenen Samstag, war klar dass dieses Spiel ein wahrer Handballleckerbissen werden würde.
Mit dem SV Blau-Rot Coswig stand dem amtierenden Anhalt-Meister der Verbandsligaabsteiger des Vorjahres gegenüber.

Coswigs Mannschaft hat sich extrem verjüngt und von den „Alten“, welche die Holzdorfer noch gut kennen, waren nur noch wenige verblieben.
Nichts desto trotz haben die Blau Roten die Spielphilosophie der vergangenen Jahre beibehalten und spielen einen körperbetonten und schnellen Handball.

Vor Beginn der Partie stelle Trainer Reimo Ziemer seine Mannen darauf ein - Zuerst in der Abwehr zupacken, dann die Angriffe über die zweite Welle schnell nach vorne vortragen.

Den besseren Start erwischten die Hausherren, die das 1:0 markieren konnten. Es entwickelte sich in den ersten 15 Minuten ein offener Schlagabtausch in dem Holzdorf immer einem Zähler hinterher lief. Mit gutem Kombinationsspiel im Angriff und starken Eins gegen Eins Aktionen offenbarten die Holzdorfer großen Lücken im Blau Roten Abwehrverbund.
Ein Torwartwechsel nach knapp 20 gespielten Minuten brachte dann auch etwas mehr Stabilität in die Defensive der Holzdorfer. Das nun Pfeffer in der Partie ist war deutlich zu merken. Viel Hektik, ungestümes Abwehrverhalten und zunehmende Härte bestimmten die letzten Minuten der ersten Halbzeit.
Ein grobes Foul an Holzdorf’s Rechtsaußen, während eines Konters, wurde folgerichtig mit einer glattroten Karte geahndet.
Bis zum Pausentee konnten sich die Holzdorfer mit mühevollem Kampf ein 3- Tore Polster herausspielen.

Beim Stand von 15:18 schickten die Unparteiischen die Mannschaften in die Kabine.

Mit mehr Druck im Angriffsspiel, besseren Lösungen im Kombinationsspiel und einer schnelleren zweiten Welle sollte zu Beginn der zweiten Halbzeit gleich der Sack zugemacht werden um dem Gegner Spielfreude und Hoffnung auf einen Sieg zu nehmen.
Doch zu Beginn der zweiten Halbzeit schienen die Holzdorfer mental noch in der Kabine geblieben zu sein. Totalausfall auf allen Positionen.
Der SV Blau Rot Coswig witterte kaltschnäuzig seine Chance und spielte sich regelrecht in einen Rausch.
Knapp 15 Minuten gelang den Holzdorfern nichts - der Heimsieben aber fast alles.
Ernüchternd sah man auf der Anzeigetafel nun ein 24:20 für den SV Blau Rot Coswig.

Zu oft einen Schritt zu spät in der Abwehr, zu hektisch im Angriff und zu viele technische Fehler bestimmten das Spiel der Holzdorfer.
Eine Auszeit von Coach Reimo Ziemer sollte nun aber die Wende bringen. Ruhig und besonnen rüttelte er seine Mannen wach und gab vor das Spiel ruhiger anzugehen, dadurch weniger technische Fehler zu machen und nun, 15 Minuten vor Schluss, die Wende einzuläuten.
Und dies gelang dann auch endlich - Holzdorf’s Rückraumschützen übernahmen nun Verantwortung, in der Abwehr wurde wieder härter zugepackt und auch die Torhüter strahlten nun mehr Sicherheit aus. Im Spiel nach vorne waren sie der nötige Rückhalt.
In der 50. Minute sah man sich dann wieder gleichauf mit Coswigs Handballern beim Stand von 26:26.

Nach dem nächsten Platzverweis eines Coswigers (3x 2-min) schienen die Hausherren nun das Heft aus der Hand zu geben - sichtlich nervös versuchten diese nun mit der „Brechstange“ die Punkte zu Hause zu behalten.
Doch Holzdorf’s Handballer sind mittler Weile sehr erfahren und wussten mit dieser Situation umzugehen.
In der Folge entwickelte sich ein offener Schlagabtausch bis zur 57. Minute.
Beim 29:29, knapp 3 Minuten vor Spielende, zog der Trainer der Coswiger die Notbremse in Form einer Auszeit.
Er wollte seine Mannen auf die letzten, spielentscheidenen Minuten einschwören.
Doch auch Reimo Ziemer fand die richtigen Worte - mit viel Ruhe im Angriffsspiel und einer agileren Abwehr sollte das Ding nun gerockt werden.

Die folgenden Minuten zu beschreiben ist faktisch unmöglich - wer nicht bei diesem Spiel dabei war, hat einiges verpasst.

Zunächst bekamen die Blau Roten einen Strafwurf zugesprochen mit dem sie einen spielentscheidenen Akzent hätten setzen können - Aber eben nur können, denn dann war es Holzdorf’s Torhüter Torben Günther der den Ball parierte.
Der Gästeblock tobte - die mitfiebernden Fans der Holzdorfer versprühten Heimspielatmosphäre.
Gepushed durch die lautstarke Unterstützung wurde der nächste Angriff mit Clevernis ausgespielt und „Frisch Auf“ konnte das 29:30 markieren.
Noch 1:24 Minuten auf der Uhr - Ballbesitz Coswig. Nach einem schnellen Angriffsversuch der Heimsieben stellt sich Christoph Schwager in den Weg - ein offensichtliches „Stürmerfoul“ wird jedoch von den beiden Unparteiischen als regelwidriges Verhalten des Holzdorfers geahndet - die Folge, rote Karte und Strafwurf knapp 1 Minute vor dem Schlusssignal.

Nochmals wechselte Holzdorf seinen Torhüter. Und mit Hagen Hammerlik setzten sie nun alles an Erfahrung zwischen die Pfosten, was sie zu bieten hatten. Den folgenden 7-Meter konnte dieser auch mit einer sehenswerten Parrade entschärfen. Unter tosendem Jubel der mitgereisten Anhänger galt es nun die verbleibende Minute irgendwie herunter zu spielen und im Besten Fall mit einem Tor den Deckel drauf zu machen.
Die Coswiger packten gut zu, ließen kaum was zu und zwangen die Holzdorfer, ins passive „Zeitspiel“.
Gut 6 Sekunden vor Schluss ertönte der Pfiff der Schiedsrichter - Coswig stürmte blitzschnell nach vorne, wird jedoch bei 12 Metern regelkonform „festgemacht“ und die Schlusssirene ertönt. Die Schiedsrichter pfeifen die Partie ab und beenden das Spiel mit eindeutigen Handbewegungen.

Der Jubel auf Seiten der Holzdorfer ist grenzenlos, die mitgereisten Fans stürmen teilweise das Spielfeld, alle Holzdorfer liegen sich in den Armen.
Doch dann, ca eine Minute nach offiziellem Spielende, ertönt erneut ein Pfiff der Schiedsrichter.
Diese entscheiden für die letzte Aktion, auf Strafwurf obwohl das Spiel eigentlich bereits beendet war. Viel Aufregung in einem eigentlich bereits entschiedenen Spiel.

Nichts ließ die Schiedsrichter dazu bewegen diese Entscheidung zurückzunehmen und so mussten sich die Holzdorfer dieser Aufgabe stellen.
Ein Job für den Titanen der Holzdorfer.
Ein Coswiger gegen Hagen Hammerlik im Tor - ein Duell wie es kaum zu beschreiben geht. Mit all seiner Erfahrung und Raffinesse pariert dieser dann den entscheidenden letzten Strafwurf, wird damit zum Held der „Frisch Auf‘ler“ und macht damit seinen Ruf als 7-Meter Killer weiter alle Ehre.
Euphorie und Jubel sind grenzenlos und die Halle steht Kopf.

Nach hartem Kampf gewinnt „Frisch Auf“ denkbar knapp gegen eine mutig aufspielende Coswiger Mannschaft.
Am Ende zeigten die Holzdorfer dass sie mit ihrer Erfahrung stärkere Nerven haben als die Blau Roten der Coswiger.
Vielleicht wäre für dieses Spiel eine Punkteteilung fairer gewesen, am Ende zahlt der SV Blau Rot Coswig eine Menge Lehrgeld.
Nichts desto trotz haben beide Manmschaften in diesem Spiel gezeigt welches Niveau in dieser Anhaltliga gespielt wird und betrieben mit dem gezeigten Spiel deutlich Werbung für den Handballsport.

Zeitstrafen: Coswig  8x 2-min (1x glatt rot)  Holzdorf  8x 2-min 
7-Meter: Coswig 1/6   Holzdorf  4/6

Es spielten:
Reimo Ziemer, Dirk Wendler (MV), Torben Günther, Hagen Hammerlik (Tor), Eric Ziemer, Maximilian Müller, Jan König, Florian Werner, Michael Radunz, Patrick Deckert, Matthias Lehmann, Christian Müller, Christoph Schwager